Sonntag, 6. Januar 2008

Berlin: Erster toter Abschiebehäftling im Jahr 2008 ? eine Zusammenfassung der Reaktionen

Fauchthunrundmail: 4.1.08
Am 01. Januar veröffentlichte die Berliner Polizei eine Pressemitteilung mit der Information, das der 28-Jährige in einem Berliner Krankenhaus an den Verletzungen gestorben ist, die er sich bei einem Suizidversuch am vergangenen Sonntag zugefügt hatte. Wie berichtet, hatte der Tunesier versucht, sich im Abschiebungsgewahrsam Köpenick zu erhängen. Die Kriminalpolizei hat ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet, schreibt die Polizei.
http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/91535/index.html

Zunächst versuchte am 02. Januar die Antirassistische Initiative mit
einer Presseerklärung den ersten Suizid in der Berliner Abschiebehaft
in die Öffentlichkeit zu tragen. Seit 15 Jahren dokumentiert die
Antirassistische Initiative e.V. unter anderem Suizide,
Selbstverletzungen und Suizidversuche von Flüchtlingen. In Berlin kam
es zu mindestens 186 Suizidversuchen und Selbstverletzungen in
Abschiebehaft in deren Folge sich die Betroffenen z.T. schwerste
Verletzungen zugefügt haben. Bundesweit wurden 50 Todesfälle und knapp
400 Verletzungsfälle in Abschiebehaft dokumentiert.
http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/ari_suizid_020108.html

Kurz darauf äußerte sich Benedikt Lux, Mitglied der Fraktion Bündnis
90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus Berlin in einer Presseerklärung:
?Dieser Suizid ist ein weiterer Beleg dafür, dass die ärztliche und
psychologische Betreuung in Abschiebehaft unzureichend ist. Es wird
Zeit, auch im Abschiebegewahrsam eine freie und unabhängige ärztliche
Betreuung zu ermöglichen.? Er erklärte zudem: ?Bündnis 90/ Die Grünen
werden im Innenausschuss die notwendige umfassende Aufklärung
einfordern.?
http://www.gruene-fraktion-berlin.de/cms/default/dok/212/212967.tod_des_absc
hiebehaeftlings_wirft_fragen.htm

Zeitgleich meldete sich der Flüchtlingsrat Berlin mit einer
Pressemitteilung zu Wort. Er fordert eine umfassende Aufklärung des
Vorfalles. ?Dazu gehört auch die Prüfung der Gründe und der genauen
Umstände der Inhaftierung. Es sollte auch geklärt werden, ob eine
Überprüfung der Haftfähigkeit durch den Polizeiärztlichen Dienst (PÄD)
vorgenommen wurde.? Der Flüchtlingsrat lehnt die Abschiebehaft als
reine Verwaltungshaft aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Diese stellt
eine unverhältnismäßige Einschränkung der Grundrechte der betroffenen
Flüchtlinge und Migranten dar.
Angesichts der geltenden Rechtslage setzt sich der Flüchtlingsrat
gemeinsam mit dem Jesuiten-Flüchtlingsdienst, Kirchen und
Wohlfahrtsverbänden für eine größtmögliche Haftvermeidung und eine
Verbesserung der Haftbedingungen ein.
http://www.fluechtlingsrat-berlin.de/print_neue_meldungen.php?sid=387

Noch am selben Abend begann das Antifaschistische Bündnis Süd-Ost
(Berlin) zu einer Protestdemonstration am kommenden Samstag zu
mobilisieren. Laut der Gruppe soll die Demo am S-Bahnhof Köpenick
beginnen und durch die Altstadt zum Abschiebegewahrsam in der Grünauer
Straße führen. Unter dem Motto ?Gegen den staatlichen Rassismus! Weg
mit dem Abschiebeknast Grünau!? wollen die Veranstalter den Tod des
Abschiebehäftlings öffentlich thematisieren und ihre Solidarität mit
den Inhaftierten bekunden. Beginn der Demo ist am 05. Januar um 14 Uhr
am S-Bahnhof Köpenick
http://www.abso.xail.net/index.php?option=com_content&task=view&id=32&Itemid
=25

Auf Indymedia erschien ein Hintergrundartikel zum Vorfall. Dort heißt
es u.A. ?in Abschiebehaft sitzen keineswegs Kriminelle, das einzigste
Vergehen der Inhaftierten besteht lediglich darin, keine
Aufenthaltserlaubnis zu besitzen.? Weiter schreibt die AutorIn ?Diese
Aktionen zeigen wie hilflos und verzweifelt die Betroffenen in dieser
Situation sind und wie wenig Möglichkeiten ihnen bleiben, um gegen
ihre Inhaftierung zu protestieren. Zudem macht es deutlich wie
menschenverachtend das Abschiebesystem der Bundesrepublik Deutschland
funktioniert, das Inhaftierte mit Angst und Verzweiflung sogar bis in
den Tod treibt.?
http://de.indymedia.org/2008/01/204081.shtml

Am 03. Januer erklärte auch der Bundesvorstand der Linksjugend
['solid]: ?Dass ein junger Mensch zu diesem letzten Mittel greift,
beweist einmal mehr, in welchen unhaltbaren Zuständen sich das
Asylrecht in Deutschland befindet. Eine ungewisse Zukunft, Angst vor
Abschiebung, der Freiheitsentzug und viele andere Faktoren setzen die
Menschen massiv unter Druck. Kein Mensch verdient es, so behandelt zu
werden!?
http://www.solid-web.de/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=13
82&mode=thread&order=0

Die Berliner Zeitung schreibt in ihrer Donnerstagsausgabe u.a. ?Der
Suizid eines 28-jährigen Tunesiers im Abschiebegewahrsam Köpenick
zieht massive Proteste nach sich. So mobilisieren seit gestern linke
Gruppen für Sonnabendnachmittag zu einer Demonstration. Die
Demonstration soll vom S-Bahnhof Köpenick zum Abschiebegewahrsam in
der Grünauer Straße führen. Der Berliner Flüchtlingsrat und die Grünen
im Abgeordnetenhaus forderten umfassende Aufklärung über den Suizid.?
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/714230.html

Auch beim Regionalfernsehen Rundfunk Berlin-Brandenburg wurde der
Vorfall am 3. Januar erwähnt. ?Nach dem Selbstmord eines Tunesiers im
Abschiebegefängnis Köpenick haben mehrere Antifa-Gruppen zu einer
Demonstration aufgerufen.? heißt es in der Abendschau.
http://www.rbb-online.de/meta/abendschau/2008-01-03.smi?start=18:43,2&end=20
:35,0

Am Freitag berichtet die Tageszeitung Junge Welt von der Mobilisierung
zur Protestdemonstration und dem Suizid des Abschiebehäftlings. ?Es
war der erste Suizid im Köpenicker Abschiebeknast, aber nicht der
erste Versuch. Dort inhaftierte Flüchtlinge verübten in den letzten
Jahren wiederholt Selbstverletzungen und Selbstmordversuche ? aus
Verzweiflung und Panik vor der drohenden Deportation, aus Protest
gegen menschenunwürdige Zustände in der Haft oder mangelnde ärztliche
Versorgung.? schreibt die Autorin.
http://www.jungewelt.de/2008/01-04/048.php

Auch in der Tageszeitung taz erschien am Freitag ein Artikel zum Tod
in Abschiebegewahrsam Köpenick. ?Für mehrere antirassistische
Initiativen in Berlin macht der Todesfall "auf erschreckende Weise
klar, unter welcher psychischer Belastung die Inhaftierten stehen, die
keiner Straftat beschuldigt werden, sondern lediglich eine
Aufenthaltsgenehmigung fehlte". Sie wollen am Samstag gegen diese
"skandalösen Zustände" vor dem Abschiebegefängnis demonstrieren.?
http://www.taz.de/nc/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?resso
rt=in&dig=2008%2F01%2F04%2Fa0060&src=GI&cHash=1bf9410e95

Unter dem Titel ?Schock über Tod in Abschiebehaft? schreibt die
Zeitung Neues Deutschland ?Der Selbstmord eines 28-jährigen Tunesiers,
der kurz vor Weihnachten als Häftling in den Abschiebeknast
Berlin-Köpenick eingewiesen wurde, sorgt in Berlin für Entsetzen. Am
morgigen Sonnabend planen antirassistische Gruppen eine
Gedenkdemonstration zu dem abgelegenen Gefängnis im Berliner Südosten.?
http://www.neues-deutschland.de/artikel/121850.html
http://www.abso-berlin.tk/

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