Die Ausgabe 14/2008 des blick nach rechts ist erschienen. Unter anderem geht es um die “Autonomen Nationalisten” und eine Ausstellung in der Friedrich-Ebert-Stiftung Berlin über Verfolgung, Widerstand und Exil von SPD und Gewerkschaften in der Nazi-Zeit.
Als Leseprobe der Beitrag über die “Autonomen Nationalisten” von Thomas Sager:
Sie kleiden sich wie Linksautonome, üben sich in „sozialistischer“ Rhetorik, demonstrieren zum Antikriegstag, gerieren sich als Tierschützer – doch trotz aller Modernisierungsversuche werden die „Autonomen Nationalisten“ (AN) ihren altbraunen Farbton nicht los. Am 5. Juli will deren nordrhein-westfälischer Teil in Gladbeck auf die Straße gehen. Diesmal nicht mit „modernen“ Tönen, sondern mit Rassismus und dem altbekannten „Deutschland den Deutschen“. „Hol dir deine Stadt zurück – Gegen Moscheebau, Ausländerwahlrecht und Multikultur“ ist das Motto der Kundgebung, zu der die „Aktionsgruppe Ruhr-Mitte“ aufruft. Als Redner sind unter anderem der niedersächsische Neonazi Dieter Riefling und Julian Engels aus Essen angekündigt.
45 000 Flugblätter wollen die Organisatoren im Vorfeld verteilt, 10 000 Aufkleber und 2000 Plakate verbreitet haben. Nachprüfen lassen sich solche Zahlen nicht. Doch tatsächlich ist der Aufwand erstaunlich groß. Hinter der Kundgebungsplanung steht auch nicht nur das kleine Trüppchen örtlicher Neonazis, die unter dem Label „Freie Nationalisten Gladbeck“ agieren, sondern jene AG Ruhr-Mitte. Sie versteht sich als „freies, loses, national und sozialistisches Netzwerk aus verschiedenen Einzelaktivisten und freien Strukturen im gesamten Ruhrgebiet“ und verfügt über Vertreter in rund einem Dutzend Ruhrpott-Städten. „Wir sind weder eine Organisation, noch eine eigenständige Gruppe“, wird auf ihrer Homepage versichert. Ganz so locker und unverbindlich wie behauptet, scheint das organisatorische Gefüge aber nicht zu sein. Auf der Kontaktseite wird beispielsweise zu den „Ortsgruppen“ verwiesen.
Die AG Ruhr-Mitte ist eines von drei AN-„Netzwerken“ in Nordrhein-Westfalen. Zwischen Aachen und Mettmann im Westen des Landes arbeitet die „Aktionsgruppe Rheinland“ mit acht angeschlossenen AN-Gruppen. Jüngster regionaler Zusammenschluss der Rechts-„Autonomen“ ist die „Aktionsgruppe Ruhr-Lippe“, die den Raum zwischen dem östlichen Rand des Ruhrgebiets und Südwestfalen abdeckt. Aktivitäten wurden bisher aus etwa einem halben Dutzend Städten in der Region bekannt.
Daneben existieren lokale rechts-„autonome“ Gruppen, die keiner der drei „Aktionsgemeinschaften“ angehören, zum Beispiel in Essen oder Dortmund. Dortmund, wo früher im extrem rechten Spektrum der Neonazi-Style alter Prägung dominierte, wo ein FAP-geschulter Siegfried Borchardt das Sagen hatte und später Skinheads aus dem Umfeld der Rechtsrock-Band „Oidoxie“ das Bild bei Demonstrationen und Aktionen auch optisch bestimmten, ist heute Hochburg der Rechts-„Autonomen“ in NRW. Unumstritten ist die Truppe rund um Dennis Giemsch in der Szene freilich nicht. Ihre Kritiker halten den Dortmundern vor, es mit den „Querfront“-Bemühungen zu übertreiben, wenn sie meinen: „Bald gibt es kein Rechts und Links mehr, sondern nur noch wir gegen das System!”, oder wenn ein Redner bei einer Demonstration problemlos mit einem Lenin-Zitat aufwartet. „Schlimm genug, dass solchen ‘Kameraden’ überhaupt die Gelegenheit gegeben wird, ihren kommunistischen Dreck zu verbreiten“, kommentierte ein Neonazi auf „Altermedia“.
Gemeinsam ist allen AN-Gruppen eine – zunächst verbale – Militanz. Das NRW-Innenministerium konstatierte Mitte Juni in seiner Antwort auf eine Anfrage im Landtag „eine deutliche Zunahme der Gewaltbereitschaft“, die sich „auch in Angriffen auf den politischen Gegner zu manifestieren“ scheine. Ideologische Grundlage der AN sei „wie im gesamten neonazistischen Spektrum ein rassenbiologisch geprägtes völkisches Menschenbild, aus dem kollektivistische Vorstellungen für einen autoritären Staatsaufbau hergeleitet werden“. Tatsächlich mag sich der ganz überwiegende Teil der AN in NRW vom alten nazistischen Weltbild nicht lösen. Als sich niedersächsische Rechts-„Autonome“ vor wenigen Monaten als „Anti-Hitleristen“ beziehungsweise „nationale Antifaschisten“ definierten, zogen zwei Dutzend AN-Gruppen aus NRW die Notbremse: „Für den einzig wahren Nationalen Sozialismus – Gegen Verfälschung und kontraproduktive Erneuerungen“, betitelten sie eine Abgrenzungserklärung: Die „öffentliche Verleumdung geistiger Vorväter und Blutsbrüder“ grenze „an höchstem Verrat gegenüber diesem Nationalen Sozialismus“.
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NPD-BLOG.INFO über die “Autonomen Nationalisten”: Neues Outfit - alter Hass.
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