Samstag, 24. Mai 2008

Offener Brief in den Bezug auf den Dalai Lama an die Botschaft Chinas

Bereits am 16.5.2008 erschien ein Beitrag unter den Titel "Die Stadt taumelt den Dalai Lama" anlässlich des Besuches des Dalai Lamas in Bochum auf dem Internetportal "bo-alternativ".
Der kurze Artikel regte zur kritischen Hinterfragung der Unreflektierheit der VertreterInnen der Stadt hinsichtlich dieses Besuches an. Eine grundlegende Kritik ergibt sich allein aus der Auseinandersetzung mit der Geschichte Tibets und des Terrors ausgehend durch das brutale Regime des Dalai Lamas sowie den veranstalteten Personenkult. Auch wilde-13 möchte zur kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte Chinas und Tibets auffordern und dokumentiert den offenen Brief der Autoren der Politikzeitschrift Ossietzky und anschließend den Artiktel von bo-alternativ. Im Vordergund sollte das Eintreten der International Bill of Human Rights und die Thematisierung sowie Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen stehen.

Offener Brief in Bezug auf die Rundreise des Dalai Lamas von Volker Bräutigam und Wolf Gauer, Autoren

An
Se. Exzellenz, Herrn Botschafter Ma Canrong
Botschaft der Volksrepublik China in Deutschland
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Tel: 030-27588 0, Fax:030-27588 221

E-Mail: chinaemb_de@mfa.gov.cn

Bitte um Entschuldigung

Exzellenz, sehr geehrter Herr Botschafter Ma,

den Bürgern der Volksrepublik China möchten wir, die unterzeichnenden deutschen Staatsbürger, unser großes Bedauern ausdrücken über die Tibet betreffenden, nicht dem Frieden dienenden Aktivitäten und Äußerungen der deutschen Bundeskanzlerin A. Merkel. Ebenso bedauern wir offizielle Erklärungen der Bundesregierung und einiger Abgeordneter aus Bund und Bundesländern zur Tibet-Problematik sowie die agitatorische Rolle des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch. Weiterhin betrachten wir die zu diesem Kontext passenden Stellungnahmen einzelner deutscher Körperschaften als beschämend und meinen damit ganz besonders die verfälschende, heuchelnde und verhetzende Berichterstattung vieler deutscher Massenmedien. Die Bürger der Volksrepublik China um Entschuldigung zu bitten halten wir für unumgänglich, seit feststeht, dass Deutschland innerhalb kaum eines Jahres schon wieder zur Bühne für propagandistische, chinafeindliche Auftritte des Dalai Lama gemacht wird.

Wir äußern unser großes Bedauern, weil wir die düstere, von grausamer Unterdrückung des einfachen Volkes geprägte Geschichte der tibetischen Theokratie nicht ignorieren können und weil wir der Ansicht sind, dass der von der Volksrepublik China im zurückliegenden Vierteljahrhundert geleistete, notwendige soziale Aufbau im Gebiet der tibetischen Ethnien weit mehr zu würdigen wäre, als dies bisher bei uns in Deutschland geschieht. Wir übersehen dabei keineswegs Verstöße früherer Regierungen in Beijing gegen die in der International Bill of Human Rights verbrieften Rechte der Bevölkerung in der Provinz Tibet.
Wir sind allerdings der Meinung, dass die jüngsten Gewaltausbrüche in Lhasa und anderen tibetischen Zentren von den USA und ihren Verbündeten initiiert, geschürt und ganz bewusst kurz vor den Olympischen Spielen in Beijing als aussichtsreicher politischer Pressionsversuch inszeniert worden sind.

Die Exzesse (anfänglich abscheuliche Pogrome gegen chinesisch-stämmige Bewohner Lhasas, teils angeleitet resp. angeführt von tibetischen Mönchen) entsprechen nach unserer Kenntnis in keiner Hinsicht der Tradition buddhistischer Konfliktbewältigung. Sie weisen, wie das im Falle einer eigenständigen, also nicht ferngelenkten sozialen Bewegung doch eigentlich zu erwarten gewesen wäre, auch keinerlei „Vorlauf“ auf – trotz besonderer Anlässe, z.B. der Wahl Beijings als Austragungsort der Olympischen Spiele vor einigen Jahren.

Die demonstrative Instrumentalisierung des Konfliktes und seines Exponenten Tenzin Gyatso (Dalai Lama) liegen in erster Linie im Interesse politischer Gegner und wirtschaftlicher Konkurrenten der Volksrepublik China. Sie liegen nicht im Interesse der Bevölkerung Tibets und nicht im Interesse eines friedlichen Zusammenlebens der Menschen und aller Völker.
Wir meinen, dass viele gutgläubige, über Geschichte und Gegenwart Tibets aber leider nur unzureichend informierte Deutsche zu einer emotionalen, polarisierten Betrachtung des chinesisch-tibetischen Verhältnisses verleitet wurden. Viele Deutsche kultivieren unreflektiert das romantische Tibet-Bild einer farbigen, harmonischen Mönchs-Republik unter der Leitung eines gütigen, hochweisen Dalai Lama – und werden von den Massenmedien absichtlich in dieser Scheinwelt gefangen gehalten. Dieser Tibet-Schimäre wird von Politik und Konzernmedien das Zerrbild einer aggressiven und kulturfeindlichen Volksrepublik China gegenübergestellt, wie es weitgehend der US-amerikanischen Propaganda entspricht.
Wir sind der Meinung, dass die deutsche Regierung vor allem US-amerikanischen Interessen entgegen kommt, die in wiederholten Einmischungen und Aggressionen der CIA in Tibet erkennbar wurden und dokumentiert sind (sogar in US-amerikanischen Quellen).

Die deutsche Regierung unterstützt so die weltweite Separations-Politik der USA zur Schaffung kleiner und damit abhängiger Staaten, sei es aus wirtschaftlichen oder aus militärischen Gründen. Das tibetische Hochland ist von großer strategischer Bedeutung. Diese und seine Rohstoff-Reserven verleiten Washington und seine Verbündeten zu Versuchen, ein „asiatischen Kosovo“ herbeizuführen. Die Haltung der deutschen Regierung, insbesondere ihre kalkulierte politische Aufwertung des Dalai-Lama, sind vom gleichen Ungeist geleitet wie ihre völker- und verfassungsrechtlich verfehltes Vorgehen in Afghanistan, Afrika und Jugoslawien.

Wir möchten deshalb Abbitte leisten gegenüber dem chinesischen Volk, das schon einmal Opfer übler deutscher Kolonialpolitik gewesen ist. Wir glauben, zugleich für viele Deutsche zu sprechen, die noch nicht den verfälschenden Darstellungen unserer führenden Politiker und der kommerzialisierten Massenmedien erlegen sind.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Volker Bräutigam und Wolf Gauer, Autoren

Eckart Spoo, verantw. Redakteur u. Mitherausgeber der Politikzeitschrift Ossietzky (dort
erschien in Heft 10/2008 eine Kurzfassung des Briefes www.sopos.org/ossietzky )
Dr. Wolfgang Bittner, Schriftsteller
Renate Schoof, Schriftstellerin
Armin Fiand, Rechtsanwalt,
Klaus Hartmann, Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes und
Vizepräsident der Weltunion der Freidenker,
Thomas Immanuel Steinberg, (der Offene Brief wurde auf www.steinbergrecherche.com
veröffentlicht),
Jürgen Rose, Oberstleutnant und Publizist,
Rolf Berthold, Botschafter der DDR in der VR China von 1982 bis 1990,
Gert Flegelskamp, Rentner (der Offene Brief wurde auf www.flegel-g.de veröffentlicht),
Harald Schorneck,
Uwe Scheer, Hamburg,
Günter Schenk, Beinheim b. Straßburg,
Günther Wassenaar,
Hans Bauer, Rechtsanwalt, Vorsitzender der Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären
Unterstützung, GRH, Berlin,
Werner Heinlein, Justizbeamter i. R.,
Tilo Schönberg, Speditionskaufmann (der Offene Brief wurde auf www.0815-info.de/Newsfile-
article-sid-10285.html veröffentlicht),
Knut Mellenthin, Freier Journalist,
Hans Christange, GRH-Mitglied, Jurist (ehem. Staatsanwalt der DDR)
Ingrid Hacker-Klier, Diplom-Übersetzerin,
Johannes Klier, Musiker,
Peter Kleinert, NRhZ-Redakteur und Filmemacher (der Offene Brief wurde auf
www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=12422 veröffentlicht)
Dr. Werner Rügemer, Publizist, Vorsitzender von Business Crime Control (BCC)
Manfred Demmer, stellv. Vorsitzender Kulturvereinigung Leverkusen e.V.
Renate Schönfeld Pfarrerin i. R,Berlin
Klaus von Raussendorff, Publizist (Bonn),
Karin Keller, Therapeutin
Ulrich Sander, Journalist
Brigitte Queck, Dipl. Staatswissenschaftlerin Außenpolitik
Willy H. Wahl, Direktionsmitglied Migros-Genossenschafts-Bund (pens.) (der Brief ist auf
http://seniora.org/index.php?option=com_content&task=view&id=275&Itemid=83
veröffentlicht)
Wilhelm Schulze-Barantin, Frankfurt / M., Vorsitzender Ortsgruppe Offenbach des
Deutschen Freidenkerverbandes (DFV),
Peter Betscher, Vereinigung für Internationale Solidarität, Darmstadt,
Anneliese Fikentscher, Dipl. Ing. und Publizistin,
Andreas Neumann, Systemanalytiker,
und
Ruedi Bosshart, Schweizer Bürger
Veröffentlichung erfolgte auch auf der Seite www.arbeiterfotografie.com/tibet
Der Brief wird zudem an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages per E-Mail versandt.

Der Unterzeichnergruppe traten bei:
Joachim Guilliard, Software-Ingenieur, Journalist und Autor, Heidelberg
Hartmut Barth-Engelbart, Schriftsteller und Kabarettist
Helmut Pannek, HWP, Apelern
Hans-D. Ziran, Hofheim, Vorstand Initiative Bürgerschaftlichen Engagements e.V. sowie die
I.B.E.-Vorstandsmitglieder Elke J. Atzinger, Schwandorf, Jörg-M. Ziran, Hofheim (auf den
Offenen Brief wird auf der Seite www.amsel.webstar-media.com/?modul=news&id=26
verwiesen)
Ingrid Koschmieder,
Heinz Mann
Samy Yildirim, Zaandam, Niederlande
Dr. Helmut Böttiger, Verleger a.D., Taunusstein
Wulf Kirschner, Hamburg
Ivo Lundt, Schriftsteller

Nachrichtlich an:
deu@china.org.cn
chinaemb_ch@mfa.gov.cn
imandt@web.de (Peter Imandt Gesellschaft),



"Die Stadt taumelt den Dalai Lama"
Beitrag auf dem Internetportal "bo-alternativ"

"Die Pressestelle der Stadt schreibt: »Das ist ein großer Tag für Bochum. Seine Heiligkeit, der 14. Dalai Lama, trug sich heute (Freitag, 16. Mai) in das Goldene Buch der Stadt Bochum ein. Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz begrüßte den Friedensnobelpreisträger. “Wir sind sehr stolz, dass Bochum die erste Station Ihrer Reise ist”, so Dr. Scholz. Die Vorsitzenden der im Rat vertretenden Parteien und die Mitglieder des Verwaltungsvorstandes waren dazu eingeladen. Als Ehrengabe der Stadt Bochum überreichte die Oberbürgermeisterin dem Dalai Lama die Nachbildung einer Gussstahlglocke. “Glocken gelten als Symbol des Friedens” sagte die Oberbürgermeisterin.«
Fraglich ist, ob eine solche Stellungnahme noch als unkritisch durchgehen kann oder ob eigentlich härtere Adjektive angemessen sind. Panorama machte gestern in einem anderen Zusammenhang (Verleger wollen die Webseiten von ARD und ZDF einschränken) auf einen Beitrag aus dem Jahr 1997 aufmerksam, in dem dargestellt wird, wie brutal das Regime des Dalai Lama herrschte, als er noch in Tibet war. Tibet unter seiner Herrschaft war Terror. Unter der chinesischen Herrschaft ist es sicherlich nicht besser geworden. Aber müssen denkende Menschen deshalb den Dalai Lama anhimmeln?"

Quelle + Information: Bochum-Alternativ

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