Sonntag, 10. August 2008

Hungerstreik in Deutschen Knästen vom 1.bis 7.8.08

Fauchthunrundmail 7.08.2008

1.Hungerstreik in Deutschen Knästen vom 1.bis 7.8.08
2.Brief von Marco zum Hungerstreik
3.Brief von Gabriel Pombo Da Silva zum Hungerstreik

1.Hungerstreik in Deutschen Knästen

Vom 1.bis 7. August gehen über 500 Gefangene in 49 Haftanstalten Deutschlands in den Hungerstreik. Aufgerufen dazu hat die Interessenvertretung von Inhaftierten (Iv.I.). Diese befristete Aktion ist in Solidarität mit Nadine Tribian, die in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bielefeld-Brackwede I sitzt. Frau Tribian wurde wurde während einer Inhaftierung in der JVA Köln (1997-1999) durch einen Vollzugsbeamten sexuell missbraucht. Zusammen mit ebenfalls betroffenen Frauen stellte sie Strafanzeige. Der Beamte bekam daraufhin „wegen sexuellem Missbrauchs von Schutzbefohlenen“ - „Vergewaltigung in 7 Fällen“ eine Haftstrafe von 2 Jahren, die auf Bewährung ausgesetzt wurde.

Nun, da Frau Tribian wieder inhaftiert ist, lassen die Beamten der JVA Bielefeld sie genau spüren, dass es einer der Ihren war, den Frau Tribian zur Verantwortung zog. Es sind die „kleinen“ psychologischen Terrortricks denen sich Frau Tribian ausgesetzt fühlt und sie selbst spricht von einem „Rachevollzug“ den sie erlebt.

Nadine Tribian steht nur stellvertretend für viele andere Gefangene.

Iv.I fordert ausdrücklich „die Abschaffung von Haftkosten, der Verpflichtung zur Arbeit (ohne das Recht auf Beschäftigung zu haben), die Abschaffung der Isolationshaft/Trakte, der lebenslänglichen Freiheitsstrafe und der Verhängung von so genannter Sicherungsverwahrung.“

Dem Hungerstreik haben sich Gefangene in Belgien, Spanien und der Schweiz angeschlossen.
In einigen Deutschen Städten finden begleitend Soliaktionen statt, unter anderem in Hamburg, Berlin (ABC) und Dresden (Rote Hilfe).


Köln, 06.08.2008:

Soliaktion mit den protestierenden Gefangenen (Hungerprotest, initiiert durch Interessenvertretung Inhaftierter (IvI))

Um auf die Aktion der Gefangenen aufmerksam zu machen versammelten sich am 6.8.etwa 20 Leute in der Apostelnstraße in der Kölner Innenstadt.

Dort ist der Sitz der Bewährungshilfe und der Führungsaufsichtstelle. Auf den mitgeführten Transparenten wurde nicht nur Solidarität mit den protestierenden Gefangenen ausgedrückt, sondern auch dazu aufgefordert Herrschaft zu bekämpfen und die Knäste niederzureißen. In den Redebeiträgen wurde auf die Situation von Nadine und die allgemeinen Forderungen der protestierenden Gefangenen eingegangen. Ein Sprecher wies auf die Bedeutung der Bewährungshilfe und der Führungsaufsicht hin.

Diese seien keinesfalls eine Alternative zum Knast, sondern eine Erweiterung des Überwachungs- und Kontrollsystems. So ist es möglich, hundertausende zu reglementieren und zu drangsalieren. Würde der Staat all diese Menschen einsperren wollen, so herrschte hierzulande ein gigantischer Bauboom. Ein weiterer Redner wies beschrieb, wie unerträglich die Zensur in den Knästen ist, besonders auch kritischen Gefangenen gegenüber. Ausserdem ging er ein auf die ökonomische Verwertung der Gefangenen durch das Zwangsarbeitssystem in deutschen
Knästen. So brüsteten sich deutsche Strafanstalten damit, im Lohnniveau durchaus mit der Produktion in Rumänien konkurrieren zu können.

Obwohl die Aktion nicht angemeldet war, ließ sich die Staatsgewalt während der ganzen Zeit nicht blicken. Was dazu führte, daß alles ruhig und friedlich blieb.

insgesamt beteiligen sich 551 Inhaftierte am Hungerstreik befinden.

Neben 537 Gefangene aus dem Inland, beteiligen sich aus Spanien neun Gefangene, aus den Niederlande eine, aus Belgien drei Frauen und Marco Camenisch aus der Schweiz.


Bereits am Freitag erschien im Neuen Deutschland ein Artikel in der Presse sowie heute einer in der Jungen Welt.

- Am Dienstag, den 16.9. wird es vor dem Amtsgericht Bielefeld zu einem Prozess gegen Nadine Triblan kommen. Pit Scherzl, Sprecher der Interessenvertretung Inhaftierter (IvI), ist dort als Zeuge vorgeladen.

Nadine wird von der JVA Bielefeld unterstellt, sie habe versucht den Anstaltskaufmann Kuefelkamp, um 10 Briefmarken zu beklauen, obwohl damals Nadine sofort durchsucht und die Zelle gefilzt und keine Briefmarken gefunden wurden.

Pit machte mit diesem Kaufmann, als er in Bielfeld weggesperrt war, ebenfalls schlechte Erfahrung: "Mich hat diese Kaufmannstype mehrfach zu bescheissen versucht. Mal um 135 Stück, dann um 60, die fehlten. Und wegen 8 Cent, um die er mich nachweislich bescheissen wollte, mußte ich einen Anwalt einschalten. Erst dann hat er gezahlt und zudem die fette Rechnung des Anwalts."

Die Interessenvertretung Inhaftierter vermutet, da nicht der Kaufmann, sondern der Anstaltsleiter die Anzeige gestellt hat, ist es das Ziel, Nadine zu kriminalisieren.Ihr ist damals gesagt worden, falls es zu einer neuen Verurteilung käme, für sie wegen erneuten "Straftat, Unbelehrbarkeit und Gefahr für die Allgemeinheit" gegebenfalls die nachträgliche Sicherungsverwahrung in Betracht käme.

Wie sich solche Drohungen für Nadine auswirken können,kann sich jede und jeder auf Grund nicht nur wegen ihres angegriffenen Gesundheitszustandes gut vorstellen.


Soliaktion in Hamburg 5.8.08

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Bis zu 80 Personen (gezählt) haben heute in Hamburg eine Solidaritätskundgebung mit den Gefangenen im Hungerstreik (siehe hierzu:

http://de.indymedia.org/2008/08/223945.shtml und
http://www.abc-berlin.net/hungerstreik und
http://www.political-prisoners.net/ ) durchgeführt.

Der Ort „gegenüber des U-Haft-Gebäudes am Holstenglacis“ war so optimal wie das Wetter. Der Ort, der ein wenig „oberhalb“ des bisher meist genutzten Ortes lag erwies sich auch darum als gut da er einen guten Blick auf die Knastfenster ermöglichte, so dass eine Kommunikation über die Mauer immerhin nicht durch fehlenden Blickkontakt unterbunden wurde.

Die Anlage war jedenfalls sehr laut und so auch hinter der Mauer zu hören. Zahlreiche Gefangene hörten von den Fenstern aus zu und kommunizierten mit Rufen und Winken mit einigen Teilnehmer_innen auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Anders als bei vergangenen Kundgebungen, gab es heute nur positive Rückmeldungen aus dem Knast.

Neben reichlich Musik gab es Redebeiträge in deutscher, türkischer, russischer und albanischer Sprache, die neben der Stellungnahme der Interessenvertretung Inhaftierter und der Solierklärung von Gabriel Pombo da Silva (beide sind auf der Seite von ABC Berlin zu finden) auch auf die Lage verschiedener politischer Gefangener einging. Ausserdem wurde auf den aktuellen 129b-Prozess in Stammheim hingewiesen und immer wieder kurz der Hungerstreik erwähnt.

Auch Sprechchöre, die teilweise von beiden Seiten der Mauer gleichzeitig gerufen wurden, waren zu hören. In den Pausen zwischen Musik und Beiträgen.

Nach dem Ende der Kundgebung kam es noch zu nervigen aber harmlosen Diskussionen mit verschiedenen Schergen, die unbedingt verhindern wollte, dass Leute über die Mauer hinüber riefen und sich zum Beispiel verabschiedeten. Das sei verboten.

Alles in allem war die Kundgebung ein Erfolg und konnte ohne wesentliche Störung, der im übrigen personell sehr schwach vertretenen Schergen durchgeführt werden.

(Anmerkung für die Indy-Mods und um allen fragenden Comments vorzubeugen: Fotos werden noch von anderer Stelle geposted. Ganz toll wäre wenn die am Ende von diesem Text eingearbeitet werden könnten.

Jaja... Die Arbeitsteilung...)

http://www.abc-berlin.net/hungerstreik


2. Brief von Marco Camenisch zum Hungerstreik

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Regensdorf, Montag, 21. Juli 2008

Als Ausdruck revolutionärer Solidarität nehme ich am Hungerstreik der Inhaftierten in Deutschland vom 1.-7. August 08 teil.Leider habe ich keine Netz-Adresse aber der Rundbrief 4 -- 2008 derInteressenvertretung Inhaftierter (Iv.i) vom 15.6.2008 mit dem ausführlichen Inhalt des Protestes, dem sich um die 500 Inhaftierte in 29 Anstalten angeschlossen haben, kann sicher aufgefunden werden. Eine mögliche Kontaktadresse zur Initiative/Iv.i: Peter Scherzl, c/o am Womberg 16, D-61276 Weilrod (z.Zt. IVA, D-53359 Rheinbach).

In der Folge der übersetzte Auszug aus dem Text "Über Zwangsarbeit und die anderen Rechte..." von Gabriel Pombo da Silva, wo er seine Teilnahme, der ich mich vollumfänglich anschliesse, erklärt und gleichzeitig die Inhalte des Hungerstreikes zusammenfasst.

«(...) in den Gefängnissen (in Deutschland) gibt es eine Vereinigung und ein Kollektiv von Gefangenen (Interessenvertretung Inhaftierter, von liberal rechtstaatlichen RechtsanwältInnen, usw., unterstützt), das seit Jahren gegen Willkür, Machtmissbrauch, Psychoterror, Haft- und

Arbeitsbedingungen, usw. in den Knästen kämpft...

Abgesehen von meinem Einverständnis oder nicht mit den von ihnen eingesetzten Mitteln (Anzeigen, Rekurse, Aufrufe an die Medien, usw.) und/oder ihren "Verbündeten" (RechtsanwältInnen, JuristInnen, usw.), stehe ich als Libertärer an ihrer Seite, da sie rebellieren und darum isoliert, usw., werden.

Nach direktem Kontakt mit einigen ihrer "Vertreter" im Knast und dem Beginn von Gesprächen und Debatten, haben wir uns entschlossen einen Hungerstreik durchzuführen um gegen die Isolationshaftbedingungen von Nadine Tribian (eines der Mitglieder dieser Vereinigung) und ihre Versetzung in eine für sie total feindliche Umgebung wegen ihrer Anzeige (und anderer gefangener Frauen) zu protestieren. Wegen dieser Anzeige wurde ein Schliesser wegen Gewalt und sexuellen Übergriffen "in Ausübung seines Amtes" verurteilt ....

Folglich ist meine Solidarität für diese Genossin und die politische Arbeit des Interessevereins (und seine Mitglieder) bedingungslos. Aber meine Solidarität geht weit über diesen Fall hinaus gegen alle "Haft- und Strafzentren", gegen Lebenslänglich, Todesstrafe und alle Isolations- und Folterzentren. Wer ihre/seine Solidarität ausdrücken möchte, kann es natürlich nach eigenen Kriterien tun: (...)» Meine Teilnahme an einer Kampfinitiative in Deutschland mag seltsam erscheinen, denn einerseits gibt es grosse Unterschiede in der Repression (Verschiedenheiten und Souveränitäten der Bundeskantone), der Kultur (typisch "schweizerisch" reaktionäre "Kultur" der totalen Unterwerfung) der Sprachen, usw., die aktuell jegliche Organisierung von Gefangenen für die eigenen Interessen zu verhindern scheinen. Aber andererseits sind die grundlegenden Bedingungen (Zwangsarbeit, Psychoterrorismus, Haft- und Arbeitsbedingungen, usw.) und die Verschärfungen (neues Strafgesetzbuch, Sicherheitsverwahrung, extrem faschistische und mörderische Gesetze gegen "AsylantInnen" und AusländerInnen, usw.) den deutschen/denen der EU sehr ähnlich bis sogar avantgardistisch ausgeprägt. Was auch historisch bedingt ist, mit einer Schweiz, die seit Bismarck nicht viel mehr als ein Wurmfortsatz Deutschlands (immer mehr auch des Grossen Bruders EU/USA) hinsichtlich, u.a., Repression und Klassenvernichtung ist.

Solidarität ist unsere stärkste Waffe!!!

marco camenisch, Sklaverei- und Todeslager Regensdorf, Schweiz


3. „LEGAL, ILLEGAL, Scheissegal“ Brief von Gabriel Pombo Da Silva
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13 Juli. Aachen. Deutschland

Los ideales anarquistas son sendas de humanidad: unen para un designio común a los hombres más distintos y distantes. Y nosotros somos eso. Y por eso en nuestras letras hay barros de todas las intemperies. Y cuestas y encajaduras propias de todas las marchas en línea recta. Y polvaredas también: las que levantan los perros que nos salen a ladrar...“ Rodolfo González Pacheco

GefährtInnen die ich zu meinen intimen FreundInnenkreis zähle, meinen dass mein letzter Text, „Über Zwangsarbeit und andere Rechte“, ziemlich „zweideutig“ in Bezug zum Thema um und über Rechte war. Es wäre gut gewesen, wenn dieser konkreter (eindeutiger) und weniger Ironisch wäre, denn das was ich schrieb, könne zu falschen Interpretationen führen im Sinne einer positiven Bewertung von Rechten und reformistischen Kämpfen...(...)

In vielen Fällen habe ich den Eindruck dass der Begriff „ReformistIn“ und/oder „GewährleisterIn“ missbraucht wird, um sich von der Solidarität und Unterstützung mit Denen die kämpfen und deren eigenem Kampf zu distanzieren und abzulehnen (wenn nicht gar sofort beleidigt wird) , vor allem in Relation mit Gefangenen (seien sie politische oder soziale) und den Initiativen/Spannungen welche sie innerhalb der Gefängnisse unter den Bedinungen der Einschließung (nicht auf der Strasse und unter diesen Lebens-Bedinungen) führen, oder die eigene Isolation ignorieren im Zusammenhang mit den Kämpfen eben dort wo sie sich entwickeln (sei es im Knast, im Ghetto, etc.).

Wie sollen wir Gefängnisse verstehen? Als das Ende das jedeR RebellIn, RevolutionärIn und ProletarierIn akzeptieren soll nachdem sie/er all ihre/seine Freiheit verloren hat, aufgrund ihrer/seiner Aktivitäten/Kämpfe (politische, existenzielle und/oder materielle) /Bedürfnisse gegen das kapitalistische System und deren politische, soziale, juristische und wirtschftliche Ordnung? Hört denn die Ungerechtigkeit, die Ausbeutung , der Missbrauch im Gefängnis auf? Soll der/die Gefangene „nur“ stoisch all den schiedsrichterischen und despotischen Folterungen und Auflagen der SchließerInnen widerstehen und darauf verzichten sich mit allen Mitteln dagegen zu verteidigen (seien diese „auch“ legal)?

Nehmen wir als Beispiel, dass die SchließerInnen dich zusammenschlagen (oder sie schlagen und foltern dich regelmäßig) oder dass sie deine Post/Lektüre zurückhalten und verschwinden lassen; oder dass sie dich Jahre lang in einer totalen Isolation halten, oder dass sie dir deinen Verkehr mit den Menschen die du liebst verweigern, oder dass sie dich dauernd in andere Gefängnisse verlegen um dich letztendlich zu deassozieren, depersonalisieren, desozialisieren, etc.; um nur einige Beispiele zu nennen (welche ich persönlich seit 24 Jahren litt/leide) und dass alles trotz der ganzen „Rechte“ auf diese Dingen... Sollen deshalb die Gefangenen auf einen legalen Weg und Rechte verzichten, weil das reformistisch und nicht radikal ist?

Wenn wir diese wenigen Beispiele in Betracht ziehen (und im Gefängnis sind sie alltägliches Brot), können wir deshalb die Gefangenen als ReformistInnen bezeichnen (die es ausserdem besser als sonst jemand wissen, die Opfer und Geisel der bürgerlichen Rechte und Legalität sind) weil sie sich mit einem Kulli „bewaffnen“, um diese Sachen aufzuzeigen und sich in Hoffnung wiegen (ich sage dass weil Gefangene nur aus dem Grund dass sie eben diese sind, aufgehört haben „RechtsbürgerInnen“ zu sein und weil niemanden, nicht mal vielen „AnarchistInnen“ die Rechte und das Leben der Gefangenen und deren Familien interessieren) das „Glück“ zu haben eine/n „AmtsträgerIn“ zu finden, welche/r sich entscheidet ihnen die bescheuersten Rechte zu geben um Briefwechsel, Besuche haben zu können und Isolation einzustellen, Entlassung weil die Haft schon abgesessen wurde oder weil es ihnen nach einen gewissen „Recht“ zusteht, auf Grund von Krankheit rauszukommen etc, etc. Und da sie diese „Rechte“ nicht immer (oder fast nie) bekommen, sind Gefangene, wie ich schon sagte, keine RechtsbürgerInnen???

Wie viele „Rechte“ auch immer Gefangene oder „BürgerInnen“ theoretisch haben, Garantien für deren Einhaltung gibt es nicht...

Nun denn... es sind nicht die Rechte oder Gesetzte für die AnarchistInnen kämpfen, da AnarchistInnen den Unterschied zwischen Freiheit und Rechten genau kennen, aber etwas was so offensichtlich für AnarchistInnen ist, muß nicht so offensichtlich für eine „normale“ Person, Gefangene, Arme oder den Bengeln aus dem Ghetto sein etc. Da ich, bevor ich Anarchist wurde, ein Proletarier war, ein Bengel aus dem Viertel, ein ?gewöhnlicher Verbrecher? (und tausend Sachen mehr), bis ich zu dem wurde, der ich heute bin, könnt ihr sicher sein, dass ich all mein Wissen und meine Erfahrungen in Dienste Derjenigen stellen werde, die gegen das System rebellieren, um ihren eigenen Kampf gegen dieses führen zu können.

AnarchistInnen werden nicht geboren, sie werden gemacht...

AnarchistInnen benutzen alle handgreiflichen Waffen um dieses Scheiß System anzugreifen und zu zerstören, seien diese „legal“ oder „illegal“.

Eine Sache können sich diejenigen die auf die eine oder die andere Weise dem Staat und seinen Institutionen, seinen Gesetzten und Doktrinen dienen, merken, in mir habt ihr euren schlimmsten Feind, weil ich euch mit meinen ganzen Herzen verachte.(...)

Vielleicht lohnt es sich noch aufzuklären, dass ich zu dem Hungerstreik/Protest, den wir im August machen, sozusagen eingeladen wurde, denn ich gehöre nicht zu der Gefangenengruppe Iv.I
(Interessenvertretung Inhaftierter)... So gesehen, verstehe ich mich nicht als Jemand der „über“ oder „vor“ den gefangenen GefährtInnen steht, um sie zu belehren und noch weniger um sie zu „führen“. Insgesamt begleite ich sie in ihrer „Arbeit“ und auf ihrem Weg , teile mit ihnen meine eigenen Erfahrungen, um sie (falls sie fähig sind) in ihren Vorhaben einige Schritte nach vorne zu bringen, um nicht dieselben „Fehler“ zu machen, welche ich und andere GefährtInnen sowohl in der Zeit mit der COPEL als auch mit der APRE oder während der letzten kollektiven Erfahrungen zwischen 1999 und 2003 machten...

Solidarisch mit diversen sozialen Kämpfen zu sein (sowohl auf nationalen als auch internationalen Ebenen) ist immer eine Frage der Bewertung jedes Individuums welches sich vornimmt von eigenen Erfahrungen, Affinitäten und Wünschen auszugehen.

Wenn Mensch mit diesen Kämpfen solidarisch ist, geht es nicht um seine eigenen Interessen und Anschauungen, egal welcher Art (noch weniger wenn er „AnarchistIn“ ist)... Es ist eine Frage der Liebe, der Anbindung und nicht, die Autonomie seiner eigenen Kämpfe darüber zu stellen, deren Formen der Organisation bzw. der eigenen KämpferInnen darüber zu erheben... so zumindest verstehe ich es.

So oft wurde schon gesagt , dass solidarisch sein nicht bedeutet, hundert prozentig mit allem einverstanden zu sein... Diejenigen die die Solidarität als eine „politische Berechnung“ sehen und nicht als ein Akt der Liebe und der subversiven MittätterInnenschaft, verstehen Solidarität nicht so wie ich sie verstehe. (...)

Von den bis jetzt 478 Gefangenen, die vom ersten bis zum siebten August im Hungerstreik sein werden (so weit ich weiß), sind nur José und ich Anarchisten.

Wer sind wir um ihnen zu sagen wie sie sich zu organisieren und kämpfen zu haben? Glaubt ihr nicht GefährtInnen (wir sollten in Betracht ziehen, dass dieser Hungerstreik-Protest in der BRD historisch ist, im Sinne dass es zum ersten Mal sein wird, dass sich soziale Gefangene selber organisieren), dass wir, anstatt ihren reformistischen/legalistischen/gewährleistenen Charakter erbarmungslos zu kritisieren, uns alle bereichern, indem wir alle was dazu legen, indem wir mit ihnen unsere Reflexionen, Erfahrungen auf diesem Gebiet (wie die Gefängniskämpfe in Spanien, Belgien, Italien...) teilen und versuchen so ihr eigenes politisches und revolutionäres Bewusstsein zu erhöhen?

Was unterscheidet uns von den „Anderen“ wenn wir nicht fähig sind, solidarisch (jedeR Einzelne sowie er/sie es am angebrachtesten sieht) mit Denen zu sein die gegen die Hydra rebellieren welche uns alle unterdrückt ,wenn wir ihnen nicht den Reichtum und die Werkzeuge unserer Ideale und deren Geschichte zeigen um sie damit machen zu lassen was sie wollen?

Wahr ist es, dass wir kritisch sein müssen (als SelbstkritkerInnen) mit allen Sachen und Fragen welche wir konträr finden, unserer Art und Weise das Leben, den Kampf , die organisatorischen Formen und die Beziehungen unter uns zu verstehen. Kritisch sein heißt, mit unseren eigenen Argumenten begründen zu können ,dass auch ein kleines Kind versteht und nicht irgendeinen Scheiss Diskurs im akademischem Ton zu halten.

Kritisch sein heißt nicht, respektlos oder beleidigend denen gegenüber zu sein, die wir als Unseresgleichen in der Rebellion verstehen...

Als Anarchist inspiriert mich nicht der Diskurs (mehr oder weniger radikal, mehr oder weniger „reformistisch“, etc.) am meisten, welchen Einige schreiben/publizieren (welcher nichts weiter ist als ein Spiegelbild einiger Ideen und Ideologien, der Kultur und oder Erfahrungen, Gesinnung, etc, ihrer AutorInnen) sondern der Kontext der Kämpfe, was diese verfolgen; ihre „ProtagonistInnen“ und das subversive Potenzial der Kämpfe und Spannungen...

Ihr wisst dass Sachen in tausend verschiedenen Formen gesagt werden können, aber das was vermittelt werden soll, die Nachricht, ist dieselbe.(...)

Ich nehme an es ist relativ bequem, von den konzeptionellen „Höhen“ zu theoretisieren und zu kritisieren, fern von den Kämpfen, die „Unreinheiten“ von Jenen zu sehen die ohne Handbücher und ProfessorInnen der „Revolution“ rebellieren. Schwerer ist es das, worüber wir predigen und träumen, in die Praxis umzusetzen...

Nicht umsonst werden nicht die Ideen und Theorien am meisten bestraft und eingesperrt (zumindest nicht immer) sondern die Inkraftsetzung, Erprobung dieser...(...)

Nach all dem muss ich noch klarmachen, dass es nicht die Mittel des Rechts und der Gesetzte sind, wie wir Gerechtigkeit, Freiheit, Würde, Gleichheit,... erreichen werden. Unsere Waffen und Werkzeuge sind die Solidarität, die gegenseitige Hilfe und gegenseitiges Lehren, die Direkte Aktion, die MitätterInnenschaft, die Liebe zu den Unseren und die Freiheit in all ihren Formen; die permanente Konstanz unserer Projekte, die Debatten, Mobilisierungen, etc... Also bitte, bleiben wir nicht „nur“ bei einer oberflächlichen Kritik ,wie an dem Schreiben von Pit ,seinem Komunique vom 15.06.08; denn so wie wir die Sachen verstehen, gibt es viele Dinge welche wir an diesem Komunique kritsieren können...

Persönlich habe ich ihm einen Brief geschrieben (ich bezweifel, dass er ihn erhalten hat, da meine Post seit eineinnhalb Monaten gesperrt ist) in dem ich die „hierarchische“ Form der Vereinigung kritisiere, meine Meinung über RepräsentantInnen und das „Delegieren“ der Aufgaben mitteile (letztendlich,dass hierarchische Organisationen Feinde der Freiheit, der Radikalität, der Spontanität und der Kreativität jedes Kampfes/Projekts sind) und ihm sage wie eine nicht hierarchische, autonome, informelle, etc. Vereinigung „aufgebaut“ werden kann.

Ich bin nicht gegen jede organisatorische Form, aber gegen jede Organisation mit hierarchischem Charakter welche über ihren Mitgliedern steht und für Diese die Richtung, die Form der Kämpfe, etc. entscheidet. Es sind die Individuen welche die Organisationen bilden und nicht die Organisation welche „diszipliniert“, ersetzt und/oder ihre Mitglieder vertritt, weil so werden Kämpfe kontrolliert und geführt, denn so werden sie ungefährlich und für die Macht einverleibbar.

Durch unsere Erfahrungen, Lektüren und Praxis mittels der Affinität und dem gegenseitigem Wissen bauen wir ein Klima der MitätterInnenschaft und Netzwerke informeller Organisationen auf... Von unseren verschiedenen Herkünften und Erfahrungen schaffen wir unsere revolutionäre Kreativität

... Wir sind uns sicher, dass die Form uns zu organisieren (auch wenn wir keine Namen, Abkürzungen haben und von der Herrschaft nicht erkennbar sind) die natürlichste der Welt ist, weil sie keiner Abstraktion oder Hirnwichserei gehorcht, sondern durch unsere eigenen Formen und der Welt in der wir leben zu verstehen ist...

Unsere beste Theorie nehmen wir aus unseren Erfahrungen, welche durch unsere Wünsche nach Freiheit angespornt wird... wir werden von dieser keinen Dekalog oder Mode machen; niemand weiß es besser was für einen Platz er/sie in seinem/ihrem Leben/Existenz hat und was unsere Freiheit/Interessen/Wünsche attentiert...

Der soziale Krieg gibt jedem seinen Platz... ich weiß auf welcher Seite der Barrikade ich mich befinde und gegen Wen ich mit meinen Waffen ziele...(...)

Jeder Kampf ist ein dynamischer Prozess welcher nicht statischen Gesetzen gehorcht, sondern Variablen... eine Spannung gegen das Existierende und die Herrschaft... wir wissen auch diejenigen zu erkennen, welche sich in diesem „anscheinenden Chaos“ als Unseresgleichen bewegen oder ähnliche Wünsche teilen...

Wenn mir die Sprache für Etwas dient, ist es nicht um Ängste oder Elend auszulösen, sondern um unsere Überzeugung und Wünsche frei zu leben und zu verfestigen...

Auf diesem langen Marsch werden wir stärker und weiser und hinter uns lassen wir all die bestehende Schundware die versucht uns von Werten zu überzeugen, während sie im Sumpf leben und glauben alles mit der Prosa lösen zu können.

Dort wo der Feind angegriffen wird, breitet sich unser mittäterliches Lächeln, erhebt sich die aufständische Würde (egal ob individuell oder kollektiv), blüht und verbreitet sich die libertäre Hoffnung, denn es ist der Ort von wo wir unsere „Nitrate“ fürs Weitergehen holen...

JedeR soll machen was er/sie für angemessen sieht...

Die Solidarität ist eine revolutionäre Waffe.

¡¡Nieder mit allen Mauern!! ¡¡ Es lebe die Anarchie!!

Gabriel

Anmerkung der Übersetzerinnen: dieser Text ist aus dem spanischen

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