Donnerstag, 29. Mai 2008

Freiheit statt Angst 2008 - Bundesweiter Aktionstag am 31. Mai 2008

Bürgerrechtler rufen für Samstag, den 31. Mai 2008 in vielen Städten zur Teilnahme am bundesweiten Aktionstag gegen die ausufernde Überwachung durch Wirtschaft und Staat auf. Im ganzen Land werden besorgte Bürgerinnen unter dem Motto "Freiheit statt Angst - Für die Grundrechte" auf die Straße gehen.

Der Überwachungswahn greift um sich. Staat und Unternehmen registrieren, überwachen und kontrollieren uns immer vollständiger. Egal, was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wohin wir uns bewegen oder fahren, mit wem wir befreundet sind, wofür wir uns interessieren, in welchen Gruppen wir engagiert sind - der "große Bruder" Staat und die "kleinen Brüder" aus der Wirtschaft wissen es immer genauer.

Nach der Vorratspeicherung der gesamten elektronischen Telekommunikation seit Januar 2008 stehen nun mit der heimlichen Online-Durchsuchung von Computern, der massenhaften Überwachung von Flugreisenden, der elektronischen Gesundheitskarte, den geheimdienstlichen und exekutiven Befugnissen für das BKA (BKA-Novelle), sowie dem neuesten Vorschlag für
einen neuen "nationalen Sicherheitsrat" weiter verschärfte Überwachungsbefugnisse auf der politischen Agenda der unersättlichen Sicherheitspolitik. Dabei bewirkt die zunehmende elektronische Erfassung und Überwachung der gesamten Bevölkerung keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität oder Terrorismus, kostet Millionen von Euro und gefährdet die
Privatsphäre aller BürgerInnen. Wo Angst und Aktionismus regieren, bleiben gezielte und nachhaltige Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit ebenso auf der Strecke wie ein Angehen der wirklichen, alltäglichen Probleme der Menschen.

Hinzu kommt: Wer sich ständig überwacht und beobachtet fühlt, kann sich nicht mehr unbefangen und mutig für seine Rechte und eine gerechte Gesellschaft einsetzen. Es entsteht allmählich eine unkritische Konsumgesellschaft von Menschen, die "nichts zu verbergen" haben und dem Staat gegenüber - zur vermeintlichen Gewährleistung totaler Sicherheit - ihre Freiheitsrechte aufgeben. Eine solche Gesellschaft wollen wir nicht!

Um gegen den Sicherheitswahn und die ausufernde Überwachung zu protestieren, gehen wir am Samstag, den 31. Mai 2008 in vielen Städten Deutschlands unter dem Motto "Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn!" auf die Straße.

Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich an den Mahnwachen, Demonstrationen, Kunstaktionen, Flashmobs, Kundgebungen, Grillfesten, Parties, Infoständen usw. zu beteiligen! Es soll überall sichtbar werden, dass die Bürger für ihre Freiheiten wieder auf die Straße gehen!

Auf der Demoseite (http://www.FreiheitstattAngst.de) finden sich jeweils die neuesten Infos und Verweise auf die lokalen Aktionen.

Unsere Forderungen

1. Weniger Überwachung

Wir fordern

- keine Totalprotokollierung von Telefon, Handy und Internet (Vorratsdatenspeicherung),
- keine heimliche Durchsuchung von Computern,
- Stopp der Videoüberwachung des öffentlichen Raums, keine automatische Gesichtskontrolle,
- Stopp von Biometrie und RFID-Chips in Ausweisen und Reisepässen,
- keine Vorratsspeicherung von Flugpassagierdaten,
- keine geheimdienstlichen oder exekutiven Befugnisse für das BKA (BKA-Novelle)
- kein automatischer Kfz-Kennzeichenabgleich auf öffentlichen Straßen,
- kein nationaler Sicherheitsrat, stattdessen Einrichtung einer Grundrechte-Agentur,
- Stopp der elektronischen Gesundheitskarte
- Stopp der Einschränkungen des Versammlungsrechts auf Länderebene


2. Bestehende Überwachungsgesetze auf den Prüfstand stellen

Wir fordern eine unabhängige Überprüfung aller seit 1968 beschlossenen Überwachungsgesetze auf ihre Wirksamkeit und schädlichen Nebenwirkungen.


3. Stopp für neue Überwachungsgesetze

Nach der inneren Aufrüstung der letzten Jahre fordern wir einen sofortigen Stopp neuer Gesetzesvorhaben auf dem Gebiet der inneren Sicherheit, wenn sie mit weiteren Grundrechtseingriffen verbunden sind.


Wie kann ich mitmachen?

Das Mitmachen ist einfach. Wir haben keine formale Mitgliedschaft und sind offen für alle
Mitstreiter/innen. Wir haben eine Anleitung geschrieben, die Schritt für Schritt erklärt, wie jeder bei dem Aktionstag am 31. Mai mitmachen kann. Aber auch Organisationen sind eingeladen, sich zu beteiligen -nehmen Sie einfach Kontakt mit den jeweiligen Ansprechpartnern Ihrer Stadt/Region auf. Sollte es in Ihrer Stadt/Region noch niemanden geben, kontaktieren Sie bitte die Organisations-Koordination.

Jede/r kann die Organisation in ihrer/seiner Stadt übernehmen. Parteien sollten allerdings beachten: Der AK Vorrat ist parteipolitisch neutral - falls Parteimitglieder die Durchführung des Aktionstags übernehmen, halten sie bitte die Darstellung ihrer Planungsseite neutral und laden andere Parteien ein, mitzumachen - denn nur gemeinsam sind wir stark.

Banner zum Einbinden auf die eigene Homepage sind verfügbar.

Der bundesweite Aktionstag ist Teil der Planung für eine europaweite Kampagne, die ihren Höhepunkt in europaweiten Kundgebungen im Herbst 2008 finden soll, die zusammen mit dutzenden von Organisationen aus ganz Europa geplant werden.


UPDATE - Aktionen im Rahmen des Aktionstages:

1. Gegen die eGesundheitskarte: Als Teil des Bündnisses "Stoppt die E-Card " unterstützen wir
Ärzte und Patienten gegen die Einführung der eGesundheitskarte.
2. Petition gegen das BKA-Gesetz: Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ruft alle Bürgerinnen und Bürger auf, die Petition an den Deutschen Bundestag gegen das BKA-Gesetz zu unterzeichen. Mehr Informationen: http://www.bka-petition.de
3. Handy-Kartenaktion: In einigen Städten werden pseudoregistrierte SIM-Karten gegen Spende abgegeben, um pseudonymes Handy-telefonieren zu ermöglichen.

Die Vorlagen zum selber ausdrucken:

Banner zum dezentralen Aktionstag, 31.05.08

Update: Protestaktionen in über 30 Städten fürGrundrechte und gegen Überwachung

Pressemitteilung des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung vom 31.05.2008

Am 31. Mai veranstalteten Datenschützer bundesweite Protestaktionen in über 30 Städten.

Wie schon im November 2007 fanden sich unter dem Motto "Freiheit statt Angst" deutschlandweit tausende von Teilnehmer/innen zusammen. In über 30 Städten setzten sie mit zahlreichen Demonstrationen, Kundgebungen und Informationsveranstaltungen, sowie Workshops und Kunstaktionen deutliche Signale für den Erhalt der Grundrechte und gegen ausufernde Überwachung.

Das Ziel des bundesweiten Protesttages war, der großen Koalition das deutliche Nein der Bürger zu pauschaler Erhebung und Speicherung von Daten sowie zur fortschreitenden Überwachung aller Lebensäußerungen zu demonstrieren. Der Aktionstag wurde daher auch von einer Vielzahl namhafter Organisationen unterstützt. In vielen Orten bildeten sich auch neue Bündnisse. Dies unterstreiche die Kraft, die die gut
vernetzte Bewegung gerade entwickelt, so der Arbeitskreis.

Die bundesweiten Proteste sind nach Ansicht des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) ein voller Erfolg gewesen: "Wir konnten die vielen kleineren und größeren Aktionen im ganzen Land auch nutzen, um die Bevölkerung aufzuklären und neue Helfer zu gewinnen. Der Zuspruch war durchweg positiv", erklärt Ricardo Cristof Remmert-Fontes, einer der Mitorganisatoren des Aktionstages.

In Hamburg, Frankfurt am Main und München fanden klassische Demonstrationen mit reger Beteiligung statt, die durchweg friedlich verliefen. Eine Besonderheit stellte die Kundgebung in München dar, denn dort demonstrierten 2.500 Menschen auch gegen den Entwurf eines neuen "Versammlungsverhinderungsgesetzes".

In Nürnberg reagierten die AktivistInnen mit einer Kunstinstallation und stellten ein gesamtes Wohnzimmer in eine Fußgängerzone - als Zeichen der ausgehebelten Privatssphäre. In Bonn wurde mit der Installation "Übergang zur Überwachung" die aktuelle Tendenz verdeutlicht.

In Jena wurden überdimensionale Überwachungskameras aufgestellt, in Berlin gab es ein buntes Vortragsprogramm, Mitmachworkshops und die Präsentation verschiedener Kunstwerke, inklusive einer Preview des Aktionskunstwerkes "Pigeon Projekt".[1]

Eine Premiere war auch die erstmalige Live-Übertragung der Ereignisse über Radio-Frequenzen, realisiert von einem Zusammenschluss Freier Netz-Radios. Die Aufnahmen werden auf der Website des Arbeitskreises nachzuhören sein.[2]

In allen Ortsgruppen wurden gegen das geplante BKA-Gesetz Unterschriften gesammelt. Die Petition kann auch online auf der Website des Arbeitskreises unterzeichnet werden.[3] Das Ziel ist, 50.000 Unterschriften bis zum 01. Juli 2008 zu sammeln.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung bereitet nun mehrere europaweite Kampagnen vor, die ihren Höhepunkt mit Massenkundgebungen im September in ganz Europa finden sollen. "Dies ist erst der Anfang - wir machen weiter!", kommentierte Michel Blumenstein auf dem Berliner Aktionstag des Arbeitskreises.

Am Abend fanden immer noch in verschiedenen Städten Veranstaltungen statt. In Berlin beispielsweise erwartete die Gäste noch eine Feuershow und eine Chill-Out-Party.


Fußnoten:

[1] Das "Pigeon Project" ist eine Projekt internationaler Künstlerinnen von Amsterdamer Sandberg Instituut. Die Premiere findet am 05. Juni 2008 in Amsterdam statt: http://www.pigeon-project.net/

[2] Radio-Beiträge der Freien Radios: http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Radio

[3] Petition gegen das BKA-Gesetz: http://www.bka-petition.de/


Links:

Diese Pressemitteilung und freie Fotos im Internet:http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/227/79/

Nähere Informationen zu den Aktionen in den einzelnen Städten:http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Pressecenter


Über uns:

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ist ein Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern.

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