“853 Tage – so lange saßen Flüchtlinge in NRW allein im letzten
Halbjahr unrechtmäßig in Abschiebehaft. Das haben der Bundesgerichtshof
und verschiedene Landgerichte in NRW festgestellt”, schreibt der
Flüchtlingsrat NRW in einer Pressemitteilung. Weiter heißt es: »Der
Flüchtlingsrat NRW fordert das Innen- und das Justizministerium NRW auf,
ab sofort auf die Anwendung der Abschiebehaft zu verzichten. Die
Abschiebehaft kriminalisiert Menschen, die sich nichts haben zuschulden
kommen lassen, außer, dass sie nicht daran mitwirken wollen, in die
ausweg- und perspektivlose Situation ihres Herkunftslandes
zurückzukehren. Zudem verletzt sie in den meisten Fällen das Grundrecht
auf Freiheit der Person, denn die Prognose, ob sich jemand tatsächlich
einer Abschiebung entziehen möchte, ist höchst unsicher. Für den
Flüchtlingsrat NRW ist es unverständlich, dass ausgerechnet in NRW die
Zahl der Abschiebehaftgefangenen auch noch regelmäßig deutlich höher ist
als in allen anderen Bundesländern.
Ob Abschiebehaft für Flüchtlinge – eine so genannte Sicherungshaft, um
das „Abtauchen“ abgelehnter Asylsuchender vor einer drohenden
Abschiebung zu verhindern – überhaupt rechtmäßig sein kann, ist noch
nicht abschließend geklärt. Menschen, die keine Straftat begangen haben,
wird die Freiheit entzogen und sie werden teilweise über Monate
inhaftiert. In Nordrhein-Westfalen kommt erschwerend hinzu, dass
Abschiebegefangene zusammen mit Strafgefangenen in der JVA Büren
untergebracht werden.
Der gemeinsamen Unterbringung von Strafgefangenen mit
Abschiebegefangenen widerspricht Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie
2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie), in dem es heißt: „Die Inhaftierung
erfolgt grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Sind in einem
Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden und
muss die Unterbringung in gewöhnlichen Haftanstalten erfolgen, so werden
in Haft genommene Drittstaatsangehörige gesondert von den gewöhnlichen
Strafgefangenen untergebracht.“ Im offenen Widerspruch zu dieser
Richtlinie hält NRW jedoch an dieser Praxis fest. So beschloss zuletzt
das LG Paderborn am 07.01.2014 (AZ 5T429/13), dass die Inhaftierung
eines Abschiebehäftlings in der JVA Büren rechtmäßig sei. Andere Amts-
oder teilweise sogar Landgerichte haben die Abschiebehaft in NRW
hingegen längst für unzulässig erklärt.
Der Flüchtlingsrat NRW e.V. lehnt Abschiebehaft entschieden ab und tritt
daher für eine sofortige Abschaffung ein. „Wir würden es sehr
begrüßen, wenn die zuständigen Ministerien Alternativen zur
Abschiebehaft entwickeln, die nicht mit einer Freiheitsentziehung
einhergehen. In der Zwischenzeit muss indes zumindest das Trennungsgebot
beachtet werden. Straf- und Abschiebehäftlinge dürfen in
Vollzugsanstalten nicht gemeinsam untergebracht werden!“ betont Heinz
Drucks, Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrates NRW.«
Quelle: bo-alternativ, 17.01.2014
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