Montag, 3. August 2009

Der Rechte Rand im nördlichen Ruhrgebiet vor den Kommunalwahlen

Mit Blick auf die bevorstehenden Kommunalwahlen am 30.09.2009 sei hiermit auf eine Meldung des Informationsportals Indymedia Linkunten aufmerksam gemacht. Es enthält eine Bekanntmachung (Nr.111/09) der Stadt Bochum sowie Meldungen zum Wahlkampf der NPD in Bochum und kommentierende Anmerkungen. Die KandidatiatInnen der NPD in Bochum werden vollständig aufgeführt.

Gleichzeitig sei auch auf die Kurzinfo der antifaschistischen Jugend Hattingen und Sprockhövel (aJHS) verwiesen, der zufolge die rechtsextremistische „unabhängige Arbeiter-Partei“ in den beiden Wahlkreisen Winz-Baak und Hattingen Mitte antritt. Kandidieren werden die Vorstandsmitglieder  Ulrich und Sigrid Villmow, welche beide in Hattingen wohnen, und einen Teil des Kopfes der 100-Mitglieder-starken Partei bilden. Das Eherpaar Villmow trat bereits mehrmals zu Wahlen an, bis jetzt allerdings vergebens. Die aJHS hofft das es so bleibt und FaschistInnen in Hattingen nicht nochmal toleriert werden. 

Im Kreis Recklinghausen kandidieren zwei rechtspopulistische Parteien, die Unabhängige-Bürger-Partei (UPB) und die Wähler-Initiative Recklinghausen (WIR)  für den Rat mehrer Städte. Darüber hinaus möchte die UBP auch in den Recklinghäuser Kreistag einziehen.

WIR lässt die Katze aus dem Sack

Gleich drei KandidatInnen der WIR-Herten traten im Juni erstmals als Mitglieder des Vorstand des Landesverbandes NRW der rechtpopulistischen "Bürgerbewegung Pax Europa" öffentlich in Erscheinung. Willi Schwendt, der Bundesvorsitzende dieser Gruppierung äußerte sich der Recklinghäuser Zeitung zufolge dahingehend, dass die Republikaner auf Wahlplakaten Forderungen aufstellten, „die jederzeit von uns unterschrieben werden könnten“ und man stelle sich gegenseitig kein Bein. Damit unterstrich er die rechtspopulistische/ extrem rechte Ausrichtung dieser Organisation. 

Auch die Versuche einer nachträglichen Richtigstellung von Herrn Schliehe, dass die Republikaner aus den Internet-Blogs von Pax Europa Aussagen kopiert und verwendet haben, entkräftigt nicht den Eindruck dieser Organisation. Denn offensichtlich sind diese Aussagen doch dann für das Gedankengut der rechtsextremen Republikaner inhaltlich sehr gut geeignet. 

Das verwundert auch nicht, wenn man die Internetseiten und Foren von Pax Europa und WIR in Herten genauer betrachtet. In dem Archiv des Internetauftritts von Pax Europa werden ausschließlich Zwischenfälle und Kriminalitätsereignisse aufgezählt, an denen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte (ZWG) beteiligt waren. Die Täter werden dabei wörtlich als „multikriminelle Lumpen“, „multikulturelles Gesindel“ und „südländische Lumpen“ bezeichnet.

Ethnisierend und wahrheitswidrig

Dementsprechend wird ein rassistischer Stereotyp in ihren Postings aufgebaut und ein ethnisierendes Freund-Feind-Schema bedient. Diese Darstellungen verflachen sich auf jene altbekannte Stammtischparole: "Ausländer sind kriminell". Es wird entsprechend der Intention dieser Rechtspopulisten  nicht berücksichtigt, das gut ein Drittel der in den polizeilichen Statistiken aufgeführten Ermittlungen gegen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit ein Delikt betrifft, das Leute mit einem deutschen Pass gar nicht begehen können: Verstoß gegen das Ausländer- oder Asylgesetz. Bei einem weiteren Drittel der sog. "nichtdeutschen Tatverdächtigen" handelt es sich um Touristen oder Menschen ohne legale Aufhaltsmöglichkeit.  Des weiteren sollte bei genauerer Betrachtung doch auffallen, das der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen seit Jahren zurückgeht. Und nicht zuletzt, dass der Anteil verurteilter Straftäter bei den Menschen mit ausländischem Pass durchschnittlich 5% niedriger liegt als bei Leuten mit deutschen Pass. 

Der Internetauftritt Pax Europas halluziniert im Stile einer Verschwörungstheorie eine islamische Unterwanderung herbei. Er bedient plumpe Stammtischparolen und irrationale Ängste. Die VertreterInnen von Pax Europa fördern bewusst Ausländerfeindlichkeit und Vorbehalte gegen Menschen, die einer der vielzähligen Strömungen des islamischen Glaubens angehören.

Auch der Internetauftritt von WIR-Herten spricht eindeutige Bände und hetzt gegen Menschen, die einer Glaubensrichtung des Islams angehören sowie gegen bestehende und entstehende Moscheen. Hierbei bedienen sich die RechtspopulistInnen der klassichen Methoden des "zivilgesellschaftlichen Engagement" und sammeln z.B. Unterschriftlisten für Petitionen und Bürgerbegehren, dies allerdings primär als Mittel zur Ausweitung ihres Adressenbestands. 

Demokraten gehen auf Distanz

Solche Organisationen und ihre indiskutablen Statements in öffentlichen Foren oder auf ihrer Homepage verhindern notwendige Diskussionen über die Gestaltung der Einwanderungsgesellschaft im Sinne eines aufgeklärten Multikulturalismus. Die ethnisierende Darstellung des Islams und die einseitige Herabsetzung der islamischen Glaubensrichtungen trägt rassistische Züge. Im Ergebnis ihrer Schwarz-Weiss-Konstruktion verharmlosen solche Gruppierung, dass nach wie vor auch in Familien, die ihren Kindern christliche Glaubensrichtung näherbringen oder schlicht überhaupt nicht an irgendwelche höhren Mächte glauben, Menschen und Frauen mißhandelt werden.  

Inzwischen hatte das offene Bekenntnis der WIR-KandidatInnen zu Pax Europa erste Folgen: Die FDP Recklinghausen hat die Zusammenarbeit mit der Liste im Rat für beendet erklärt und will auch nach den Wahlen nicht mehr mit WIR zusammen arbeiten.

Recklinghausen: Rechtspopo gleich im Doppelpack

Auch die eingangs erwähnte UBP schwimmt in den Gewässern eines Rechtspopulismus nach dem Vorbild von Pro Köln & Co. So sorgten sie im nördlichen Ruhrgebiet durch ihre Erklärungen und Plakate für viel Diskussionsstoff, vor allem mit ihrer Forderung, Kinder ohne ausreichenden Deutschkenntnisse den Zugang zu Grundschulen zu verwehren und den Sonderschulen, neudeutsch Förderschulen, zuzuweisen: „Sollten Kinder zum Zeitpunkt der Einschulung trotz Förderung immer noch keine ausreichende Sprachkompetenz besitzen, ist eine Einschulung in eine Förderschule erforderlich, mit der jederzeitigen Möglichkeit wieder zu einer allgemeinen Grundschule zu wechseln, sobald der Rückstand aufgeholt ist.“ Dass von den zahlreichen möglichen Einschulungserschwernissen einzig Defizite im Gebrauch der deutschen Sprache eine Verbannung aus der Regelschule nach sich ziehen sollen, heisst klipp und klar: Diese Aussage zielt auf Kinder und Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte ab. Diesen soll mit der von der UBP vorgeschlagenen Regelung der Zugang zu schulischer Bildung verweigert werden.  

Dementsprechend darf es auch nicht verwundern, das bereitwillig und wohlwollend auf den Seiten der rechtsextremen Website Politically Incorrect (PI) über beide Parteien, WIR und UBP, berichtet wird. 

Quellen & weitere Informationen: braunraus, ruhrbarone,  Antifa Jugend Recklinghausen, ruhrnachrichten und WDR 

Hintergrundwissen:

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