Sonntag, 23. Dezember 2007

Zur Besetzung der Grossmünster-Kirche in Zürich

Zürich. Am Mittwoch, den 19. Dezember 2007 haben um 14 Uhr rund 120 Flüchtlinge und SympathisantInnen aus Protest gegen das verschärfte Asylgesetz das Grossmünster in Zürich besetzt. Die über 100 Personen, vor allem aus dem Iran, Kurdistan und Afghanistan schliefen in der Nacht auf den Kirchenbänken. Die Grossmünster-Pfarrerin Käthi La Roche übernachtete ebenfalls in der Kirche.

Am 20.12. verliessen die Protestierenden das Gotteshaus vereinbarungsgemäß, wie Kirchgemeindepräsident Peter Wiesendanger auf Anfrage bekannt gab. Es habe weder Beschädigungen in der Kirche noch Störungen des Konzerts
vom Mittwochabend gegeben. Die Kirchgemeinde reiche keine Strafanzeige gegen die Protestierenden ein, teilte Wiesendanger mit. Die Gruppe zog inzwischen ins Kirchgemeindehaus der Zürcher St.-Jakobs-Kirche um, wie
Grossmünsterpfarrerin Käthi La Roche im «Regionaljournal» von Schweizer Radio DRS sagte. Verschiedene andere Optionen hätten sich zerschlagen.
Rund 120 Flüchtlinge sowie Sympathisantinnen und Sympathisanten hatten nach Darstellung der Gruppierung «Bleiberecht für alle» das Grossmünster am Mittwoch aus Protest gegen das Anfang 2008 in Kraft
tretende neue Asylrecht besetzt. Sie forderten ein Bleiberecht für Menschen, die seit Jahren in der Schweiz lebten, ob als Papierlose, als abgewiesene oder als vorläufig aufgenommene Flüchtlinge. Die grossen
Landeskirchen wurden aufgefordert, sich stärker für solche Menschen zu engagieren.----

In einer politischen Erklärung von Bleiberecht für alle heißt es:

Wir wollen mit dieser Kirchenbesetzung ein friedliches, aber klares Zeichen des Protestes setzen. Wir
protestieren damit gegen das neue Asylgesetz, welches auf den 1. Januar 2008 in Kraft tritt. Ein Gesetz, welches Menschen ausgrenzt und kriminalisiert. Ein Gesetz, welches Menschen zwingt von einer minimalen Nothilfe und in Sammellagern ?leben? zu müssen. Ein Dasein in ständiger Angst vor Gefängnis und der Ausschaffung.
Wir haben keine andere Wahl gesehen als mittels einer Kirchenbesetzung auf die immer unmenschlicher werdenden Lebensbedingungen vieler Flüchtlinge und Papierlose, welche seit Jahren in der Schweiz leben,
aufmerksam zu machen.
Lösungen statt Hetze

Wir sind heute mit Gesetzen konfrontiert, welche keine Probleme lösen, sondern nur noch weitere schaffen. Menschen aus Bürgerkriegsländern wie Afghanistan, dem Irak oder dem Kongo müssten in den nächsten Tagen
die Schweiz verlassen und stehen vor dem Nichts. Bei einer Rückkehr würde sie ein Leben in Armut und Elend erwarten, wenn nicht gar der Tod. Und das ist keine Schwarzmalerei, sondern bitterste Realität für
die Betroffenen.
Wir sind aber nicht bereit, das einfach stillschweigend zu akzeptieren, weil wir es nicht mit unserem Gewissen vereinbaren können. Wir stehen ein für eine offene und ehrliche Migrationsdebatte.
Eine Diskussion, welche lösungsorientiert sein muss und nicht auf dem Rücken der Betroffenen eine Hetzkampagne betreibt.
Bleiberecht jetzt!

Während in vielen europäischen Ländern ein Bleiberecht diskutiert wird oder längst umgesetzt wurde und selbst die EU ihren Mitgliedsstaaten einen solchen Schritt empfiehlt, ist in der Schweiz ein Bleiberecht
für ?Gestrandete? nicht einmal ein Thema!! Das zeigt, wie sehr sich die politischen Parteien in diesem Land von einer lösungsorientierten Migrationspolitik verabschiedet haben. Statt konstruktive Vorschläge
zu präsentieren, lässt man sich von der SVP die politische Agenda diktieren und trägt somit wesentlich zur ganzen Misere bei. Die Schweizer Politik hat auf der ganzen Linie versagt. Die negativen Auswirkungen dieser vollkommen verfehlten Migrationspolitik sind heute noch nicht absehbar.
Unsere Forderungen:

Wir fordern ein Bleiberecht für Menschen, welche seit Jahren hier leben. Ob nun als papierlose BilliglohnarbeiterInnen, als abgewiesene Flüchtlinge oder als ?vorläufig Aufgenommene?. Es kann nicht sein,
dass Menschen 15, 16, 17 Jahre in einem Dauerprovisorium hier leben müssen. Dieser Zustand macht krank und ist inakzeptabel!

Wir fordern die beiden grossen Landeskirchen auf, sich stärker für Menschen, welche am Rande dieser Gesellschaft leben müssen, zu engagieren. Die Zürcher Kirchen sollen in der Weihnachtszeit die Türen
für alle Menschen öffnen und damit ein deutlich sichtbares Zeichen der Solidarität aussenden!

Es wird keine Entschärfung im Asylbereich und nachhaltige Integration geben ? ohne ein Bleiberecht! Flucht und Migration sind keine Verbrechen ? kein Mensch ist illegal!

Informationen:
www.bleiberecht.ch
http://redblog.twoday.net/stories/4548766/
http://switzerland.indymedia.org/de/2007/12/55664.shtml
http://www.swissinfo.org/ger/schweiz/detail/Zuercher_Grossmuenster_Besetzer_hab

Keine Kommentare: